Verstecke Kosten bei einem Büromieterwechsel
Ob ein Mieter in den bestehenden Räumlichkeiten bleibt oder an einen neuen Standort zieht, ist auch für Immobilieneigentümer sehr relevant, denn ein möglicher Wegzug kann den Investitionsbedarf einer Liegenschaft kurzfristig massiv erhöhen.
Ein Auszug eines Single-Tenants kann unter Umständen eine komplette Repositionierung inklusive aufwendigen Sanierungsarbeiten mit sich bringen. In anderen Fällen bietet sich dadurch eine Chance, aufgestaute Renovationen auszuführen oder aufgrund veränderter Marktgegebenheiten eine Neuvermietung zu höheren Mietzinsen zu erzielen. Deshalb lohnt es sich, sich frühzeitig mit auslaufenden Mietverhältnissen zu beschäftigen.
Welche Aspekte Immobilieneigentümer beachten müssen und wie man sich bereits während der Mietdauer darauf vorbereiten kann, beleuchten wir nachstehend.
Aufgrund der Heterogenität von Immobilien ist wichtig, dass jeder Fall individuell betrachtet wird. Während Mikrolage, Gebäudespezifikationen und Marktzyklen die Variablen bestimmen, folgt die strategische Analyse bei Vertragserneuerungen einem bewährten Framework aus vier Schlüsselfragen:
- Wie hoch sind die Kosten bei einem möglichen Auszug meines Mieters?
- Was sind die Konsequenzen eines Verbleibs?
- Welche Chancen gibt bei einem Auszug eines Mieters?
- Wie ist die aktuelle Marktlage und wie präsentiert sich meine Liegenschaft in diesem Marktumfeld?
Die Gesamtkostenbetrachtung bei Mieterfluktuation
Die wahren Kosten eines Mieterwechsels werden teilweise unterschätzt: Während Eigentümer möglicherweise nur Leerstand und Renovierung kalkulieren, zeigt unsere Vollkostenanalyse ein differenziertes Bild.
Um die Kosten eines Mieterwechsels bestmöglich darstellen zu können, zeigen wir dies anhand eines Beispiels auf. Wir gehen von einer Mietfläche von 500 m2 in Zürich mit einem Mietzinsniveau von CHF 500/m2 p.a. aus. Der bestehende Mieter hat eine unechte Verlängerungsoption. Da dieser in der Fläche ein neues Arbeitskonzept umsetzen möchte, fragt er für die Verlängerung eine mietfreie Zeit von drei Monaten und eine pauschale Ausbaukostenbeteiligung in der Höhe von CHF 50'000 (= CHF 100/m²) an. Insgesamt entspricht dies Incentives in der Höhe von CHF 90'000 respektive ein Drittel einer Jahresnettomiete.
Die Instandstellungs- und Modernisierungskosten nach einem Mieterwechsel können je nach Zustand und Alter der Räumlichkeiten erheblich variieren. Grundlegende Instandsetzungen wie Malerarbeiten, Bodenreparaturen und kleinere bauliche Anpassungen schlagen mit CHF 80 bis CHF 150 pro m² zu Buche. Bei technischen Updates oder Anpassungen im Bereich HLK können die Kosten schnell auf CHF 500 oder mehr pro m² ansteigen. Für das vorliegende Beispiel rechnen wir mit kleinen Anpassungsarbeiten in der Höhe von CHF 100 pro m² . Bei der Mietfläche von 500 m² entspricht dies Kosten von CHF 50'000.
Während der durchschnittlichen Instandsetzungsdauer von 4-8 Wochen fallen weiterhin sämtliche Betriebskosten an, ohne dass Mieteinnahmen generiert werden. Bei der beispielhaften 500 m² Bürofläche in Zürich mit einer Miete von CHF 500/m² p.a. und einer Instandsetzungsphase von 6 Wochen entsprechen die Leerstandkosten ca. CHF 30’000. Hinzu kommen die anfallenden Nebenkosten (Annahme: CHF 50/m² p.a.), welche in dieser Zeit nicht weiterverrechnet, werden können. Somit beläuft sich der Mietzinsausfall auf CHF 34'375 brutto.
Je nach Attraktivität der Flächen und des Standorts sowie der aktuellen Marktlage kann die tatsächliche Vermarktungszeit unterschiedlich lange dauern. In unserem Beispiel gehen wir von einem zusätzlichen Vermarktungszeitraum von 3 Monaten aus, womit dem Eigentümer Mietzinseinnahmen in der Höhe von CHF 63’000, sowie nicht umlegbare Nebenkosten in der Höhe von rund CHF 6'000 fehlen.
Für eine erfolgreiche Vermietung fallen zusätzliche Drittkosten an, sofern die Wiedervermietung nicht im Bewirtschaftungsauftrag inkludiert ist bzw. entschieden wird, die Vermarktung an einen Dienstleister zu übergeben. Für die Erstellung von sauberen Vermarktungsgrundlagen (Grundrisse, Fotos, Broschüre) sowie Inserierungskosten rechnen wir in unserem Bespiel mit Kosten von rund CHF 10'000, welche durch die Eigentümerschaft zu tragen sind. Nebst den Vermarktungskosten kommt ein Vermietungshonorar in der Höhe von rund 8-12% einer Jahresnettomiete dazu, was in diesem Beispiel (Annahme: 10%) einem zusätzlichen Aufwand von CHF 25'000 entspricht.
Im aktuellen Marktumfeld sind Incentives für einen neuen Mieter nicht unüblich. Natürlich gibt es Unterschiede je nach Gebäude- und Lagequalität sowie Marktlage. Wir rechnen in diesem Beispiel mit zwei Monaten mietfreier Zeit bei einem fünf Jahresmietvertrag.
Das Beispiel zeigt, dass die Wiedervermietungskosten mit CHF 228'125 über 90% der im Beispiel angewendeten Jahresnettomiete von CHF 250'000 ausmachen und somit die Kosten im Vergleich zu einem Verbleib des Mieters deutlich übersteigen.
Eine reine Kostenbetrachtung wäre allerdings zu kurzgefasst, weshalb es wichtig ist, die Flächen und die Liegenschaft in Bezug auf ihre Marktfähigkeit und die aktuellen Marktbedürfnisse einzuordnen.
Da die Kosten jedoch nur ein Teil der ganzen Situation aufzeigen, ist eine ganzheitliche Betrachtung mit folgenden Fragestellungen nötig:
- Entsprechen die Mietkondition des bestehenden Mieters dem aktuellen Marktmietzins?
- Wie ist der aktuelle Zustand der Mietfläche und der Liegenschaft allgemein?
- Wie sind die Chancen für eine mögliche Wiedervermietung der betroffenen Flächen und welche Anpassungsarbeiten wären an der Fläche oder gar an der gesamten Immobilie nötig, um marktfähig zu sein?
- Welche Reputationsrisiken entstehen durch zu lange Leerstandsperioden?
Je nach Grösse und Lage der betroffenen Flächen könnte ein Auszug auch eine Opportunität für die Schaffung von attraktiveren Flächen (beispielsweise, wenn auf einem Geschoss nun eine grössere Fläche angeboten werden könnte) oder auch eine Umnutzung bedeuten.
Damit man sich möglichst frühzeitig mit den verschiedenen Szenarien und deren Wahrscheinlichkeiten auseinandersetzen kann, ist es wichtig, dass mögliche Strategien bereits frühzeitig geprüft und entsprechende Abklärungen in die Wege geleitet werden. So kann verhindert werden, dass man ein Jahr von Vertragsende von einer nicht gezogenen Verlängerungsoption überrascht wird.
Die Kommunikation mit dem Mieter
Wie das obige Beispiel eindrücklich zeigt, ist der Verlust eines Mieters mit hohen Kostenfolgen verbunden. Hinzu kommen Leerstands- und Reputationsrisiken. Um bei einer anstehenden Vertragsverlängerung gute Karten zu haben, ist es unabdingbar, dass die Position des Mieters verstanden wird und die Bedürfnisse klar sind. Und dies ist nur möglich, wenn ein regelmässiger Austausch zwischen dem Vermieter bzw. dessen Bewirtschaftung und dem Mieter stattfindet.
Neben einem mindestens jährlichen Austausch mit den Mietern auf Management-Ebene ist es wichtig, im Sinne eines aktiven Asset-, Property- und Facilitymanagements das Empfinden der Mieter auf jeder Ebene abzuholen. Ein regelmässiger Austausch gibt zudem eine Indikation, wie wahrscheinlich ein Verbleib des Mieters in den Flächen ist.
Da insbesondere schweizweit tätige Mieter potenziell auch Flächen in anderen Liegenschaften des gleichen Eigentümers anmieten, ist neben der Sicht auf die einzelne Liegenschaft auch eine Portfoliobetrachtung wichtig. Hat der Mieter in einer Liegenschaft Probleme, kann dies auch Auswirkungen auf die Mietverträge in den anderen Liegenschaften des Eigentümers haben.
Liegenschaft als Identifizierungsmerkmal
Immer häufiger identifizieren sich Unternehmen mit einem Standort und der Liegenschaft. Bei der Standortsuche grenzt der Mieter potenzielle Objekte aufgrund der definierten Parameter ein. Gewissen Mietern ist es wichtig, dass allumfassende Services wie ein bedienter Empfang, eine Kaffeebar oder ein Conferencing in einer Liegenschaft angeboten werden, andere priorisieren eine Lage direkt am Bahnhof und wieder andere schliessen Gebäude ohne bestimmte Nachhaltigkeitszertifikate aus.
Aber nicht nur beim Standortentscheid ist die Qualität und das Erscheinungsbild einer Liegenschaft wichtig. Durch die mit der Laufzeit immer stärker wachsende Identifikation mit der Liegenschaft ist es darum unabdingbar, dass die Liegenschaft einer laufenden Beurteilung unterstellt wird und Massnahmen ergriffen werden, sobald diese anstehen. Hierbei handelt es sich nicht nur um technische Aspekte, sondern auch um Optimierungen am Erscheinungsbild und die Berücksichtigung von Feedbacks der Mieter.
Kann sich der Mieter nicht mehr mit dem Gebäude identifizieren und erkennt für sich nur «Probleme» ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Verlängerungsoption unausgeübt bleibt. Daher ist es insbesondere auch bei langfristigen Mietverhältnissen wichtig, dass man sich als Eigentümer aufgrund der langen Bindung ans Objekt nicht in falscher Sicherheit wiegt und auch in Phasen von gesicherten Laufzeiten mit der laufenden Optimierung und künftigen Positionierung auseinandersetzt.
Fazit: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den Beziehungen
Die Entscheidung eines Mieters über Verbleib oder Auszug hat weitreichende finanzielle Auswirkungen für Immobilieneigentümer. Wie das Berechnungsbeispiel verdeutlicht, können die Kosten einer Wiedervermietung schnell im Bereich einer Jahresnettomiete oder mehr liegen und somit deutlich höher ausfallen als die Ausgaben für einen Mieterverbleib.
Eine reine Kostenbetrachtung greift jedoch zu kurz. Entscheidend ist eine ganzheitliche Bewertung, die sowohl die aktuelle Marktlage als auch die langfristige Positionierung der Immobilie berücksichtigt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt vor allem in der proaktiven Kommunikation mit den Mietern bereits während der laufenden Mietdauer. Regelmässige Gespräche, strukturierte Mieterumfragen und ein aktives Assetmanagement ermöglichen es, Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen.
Immobilieneigentümer, die sich rechtzeitig und systematisch mit auslaufenden Mietverträgen auseinandersetzen, können nicht nur kostspielige Überraschungen vermeiden, sondern auch die Attraktivität ihrer Liegenschaften langfristig sichern. Eine vorausschauende Strategie zahlt sich sowohl finanziell als auch in der nachhaltigen Vermietbarkeit aus.