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Der deutsche Einzelhandel steht an der Schwelle zu einer umfassenden Transformation, die sich weit über die oft diskutierte Konkurrenz zwischen Online- und stationärem Handel hinaus erstreckt. Mit der Studie „NextGen Shoppers“ werden die Anforderungen der Konsumenten an den Einzelhandel der kommenden Jahre beleuchtet. Die Untersuchung mit 10.000 teilnehmenden Konsumenten bestätigt: Was, wo und wie eingekauft wird, wird zunehmend multifaktoriell bestimmt – von Altersstruktur, Siedlungstyp, geografischer Herkunft und individueller Lebenswelt. Die zehn bedeutendsten Einzelhandelsmärkte, die Big 10, stechen dabei mit spezifischen Eigenheiten hervor.

Die Lebenswirklichkeiten und Erwartungen der Konsumenten in Deutschland sind nicht homogen – weder regional noch generationsübergreifend. Die Differenzierung beginnt bereits bei der Siedlungsstruktur: Während Konsumenten aus ländlichen Regionen oft auf klassische Fachmarktformate und persönliche Beratung setzen, leben städtische Zielgruppen die volle Bandbreite digitaler und stationärer Kanäle. Die Generation Z, also die 18- bis 29-Jährigen gilt als Vorreiter der „Experience Economy“, verknüpft Konsum stärker mit Sozialerlebnis und digitaler Effizienz – 77% sind preissensitiv, zugleich nutzen 44% App-basierte Rabatte und 58% besuchen Restaurants als sozialen Treffpunkt. Die älteren Generationen – etwa die Baby Boomer (50 bis 64 Jahre) und Senioren (65 Jahre und älter) – halten mit 61% beziehungsweise 59% deutlicher an Beratung und Service im stationären Handel fest.

Anforderungen variieren nach Warenkategorie und Wohnort

Die Umfrage zeigt eine deutliche Ausdifferenzierung der Wahl des Einkaufsortes nach Warenkategorie, allerdings gibt es teilweise deutliche Unterschiede in den Gewohnheiten der Befragten aus den Big 10, den zehn größten Einkaufsmetropolen in Deutschland (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart), im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Während Elektronik sowohl bundesweit (42%) als auch in den Big 10 (41%) vornehmlich online gekauft wird, unterscheiden sich die Gewohnheiten der restlichen Konsumenten nach ihrem Wohnort: Rund 38% der bundesweit Befragten bevorzugen Fachmärkte beim Einkauf von Elektronik und Telekommunikation und 12% Shopping Center. In den Big 10 kommen Fachmärkte hier nur auf 34%, Shopping Center dagegen auf 16%. Einkaufsstraßen liegen in den Big 10 mit 8% gegenüber 6% um Bundesvergleich leicht vorn. 

Aber auch innerhalb der zehn bedeutendsten Einzelhandelsmetropolen gibt es deutliche Unterschiede. In Stuttgart und Düsseldorf präferiert fast jeder zweite den Onlinekauf von Elektronik, in Leipzig dagegen liegen Fachmärkte und Fachmarktzentren mit 39% vorn, während in München und Frankfurt überdurchschnittliche Anteile (19% bzw. 18%) an Shopping Center gehen und der Anteil der Einkaufsstraßen in Leipzig und Köln (jeweils 13%) besonders hoch ist.

Ähnliche Unterschiede sind auch bei anderen Warenkategorien wie Sport-/Outdoor-Ausrüstung, Gesundheits- und Beauty-Produkten, Heim-Haus-Wohnbedarf oder der Kategorie Textilien/Mode und Schuhe/Lederwaren zu erkennen.

In der letztgenannten Warenkategorie liegt der Onlineanteil bundesweit mit 38% deutlich vor den anderen Einkaufsorten. In den Big 10 liegen Shopping Center dagegen mit 38% (bundesweit 32%) knapp vor dem Onlinemarkt (35%). Aber auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Einkaufsmetropolen. Stuttgart hat mit 44% den höchsten Anteil von Online-Shoppern, München führt mit 14% bei den Fachmärkten, Leipzig erreicht mit 47% den höchsten Wert für Shopping Center. Dagegen spielen Düsseldorf (25%) und Köln (21%) ihre Stärken in den Einkaufsstraßen aus.

Einkaufsgewohnheiten als Generationenfrage

Neben den regionalen Präferenzen bei den verschieden Warenkategorien zeigen sich bei den Anforderungen an den Einzelhandel der Zukunft auch nach Alter der Konsumenten deutliche Unterschiede. Daraus wird deutlich, dass erfolgreicher Einzelhandel eine Orchestrierung verschiedener Kernelemente ist, die generationsspezifisch variiert.

Jüngere Generationen leben bereits heute die digitale Omnichannel-Zukunft und nutzen Gastronomie als sozialen Ankerpunkt, während ältere Generationen weiterhin auf traditionelle Einzelhandelsstrukturen mit persönlicher Beratung und optimaler Erreichbarkeit setzen. Zwischen diesen Polen agiert die Generation X (40-49 Jahre) als ausgewogene Brücke, die sowohl digitale als auch traditionelle Einkaufserlebnisse schätzt.

Die Konsumenten der Generation Z leben als Experience-Economy-Pioniere bereits heute die Omnichannel-Zukunft. 77 % zeigen sich preissensitiv, aber technologieaffin. Sie führen bei der Bereitschaft für App-basierte Rabatte (44%) und Online-Bestellung mit Abholung (40%). Besonders bemerkenswert: 58% nutzen Restaurants und Cafés für soziale Treffen – Gastronomie wird für sie zum sozialen Ankerpunkt des Einkaufserlebnisses.

Die Vertreter der Millennials (30-39 Jahre) schätzen die Kombinierbarkeit von Einkaufen mit anderen Tätigkeiten am meisten (29%). Sie fordern mehr Gastronomie (22%) und digitale Vernetzung (29% für digitale Integration bei zukünftigen Einkaufsorten). Diese Generation gestaltet den modernen Einzelhandel aktiv mit.

Die Baby Boomer sind service- und qualitätsfokussiert und definieren Qualitätsstandards mit höchster Wertschätzung für Produktauswahl (61%) und persönliche Beratung (58% im Fachmarkt). Mit ihrer Fokussierung auf verkehrliche Erreichbarkeit (40%) gehören sie zu den Hauptnutzern traditioneller Einzelhandelsformate.

Die Senioren sind die stärksten Befürworter traditioneller Einkaufserlebnisse (56% für "traditionelles Einkaufen erhalten") und mit der höchsten Wertschätzung persönlicher Beratung (59%) damit das Fundament etablierter Einzelhandelsstrukturen.

All diese Unterschiede haben vielfältige Ursachen und sind zum einen auf das lokale Angebot, zum anderen auch auf gewachsene Strukturen und Gewohnheiten, aber auch auf die Erreichbarkeit der einzelnen Einkaufsorte innerhalb der Städte und der Verkehrsmittelwahl zurückzuführen. 

Mobilität im Wandel

Die Mobilitätspräferenzen offenbaren einen grundlegenden Wandel. Der PKW dominiert noch mit fast zwei Dritteln bei der Nutzung für Einkaufsfahrten, aber die generationsspezifischen Unterschiede sind deutlich: Senioren nutzen zu 76% das Auto, die Generation Z nur zu 49%. Der ÖPNV gewinnt an Bedeutung mit 26% über alle Altersklassen hinweg, bei der Generation Z bereits mit einem Anteil von 33%, auch wenn es je nach siedlungstypologischer Herkunft deutliche Unterschiede gibt – auch beim Angebot des ÖPNV als Alternative zum Auto. Beispielsweise liegt der ÖPNV-Anteil in den Big 10 mit 32% deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts, dafür liegen aber die Anteile von ÖPNV-Nutzern und Fußgängern in den Big 10 teilweise deutlich höher als im Bundesdurchschnitt, der ÖPNV-Anteil im Durchschnitt der Big 10 liegt beispielsweise rund 85% darüber.

Dennoch finden autofreie Innenstädte eine breite Zustimmung: 54% der Konsumenten befürworten autofreie oder autoarme Innenstädte, wobei die Generation Z mit 61% die höchsten Zustimmungswerte zeigt. Auch unter Befragten aus kleinstädtischen und dörflichen Räumen ländlicher Regionen sieht eine knappe Mehrheit (55%) einen positiven Einfluss auf das persönliche Einkaufserlebnis.

Diese Trends sind zukünftig genau zu beobachten, da sie Standortbewertungen neu definieren könnten: Innenstadtlagen könnten langfristig an Attraktivität gewinnen, Flächen umgenutzt werden und Shopping-Center am Stadtrand ihre Erreichbarkeitskonzepte überdenken oder ihre Profile anpassen.

Zukünftige Anforderungen an den Lebensmitteleinkauf sehr differenziert

Bei den Zukunftswünschen für den Lebensmitteleinkauf zeigen sich zwischen den Altersgruppen deutlich unterschiedliche Präferenzen. Bereits heute ist beim Online-Lebensmitteleinkauf ein klarer Generationenunterschied erkennbar: Während junge Erwachsene zwischen 18-29 Jahren mit 24% und die 30-39-Jährigen mit 23% stark auf digitale Kanäle setzen, sinkt dieser Anteil bei den über 65-Jährigen auf nur 8%.

Umgekehrt bevorzugen ältere Konsumenten verstärkt Fachmärkte und Fachmarktzentren, deren Beliebtheit von 20% bei den Jüngsten auf 37% bei den Ältesten ansteigt. Shopping Center und Einkaufsstraßen erweisen sich dagegen als relativ altersunabhängig beliebte Einkaufsorte.

Bei den Zukunftswünschen für den Lebensmitteleinkauf dominieren bei allen Altersgruppen Nachhaltigkeit und Unterstützung für gesunde Ernährung die obersten Ränge. Interessant sind jedoch die unterschiedlichen Schwerpunkte: Jüngere Konsumenten wünschen sich verstärkt technologische Innovationen sowie personalisierte Angebote. Ältere Generationen legen dagegen mehr Wert auf verbesserte verkehrliche Erreichbarkeit.

Bio-Qualität zeigt eine inverse Altersverteilung mit den höchsten Werten bei jungen Erwachsenen (21%) und sinkender Bedeutung im Alter bis auf 16% bei über 65-Jährigen. Die Wertschätzung für regionale Produkte steigt dagegen deutlich mit dem Alter an: von 29% bei den Jüngsten auf 48% bei den Ältesten.

Technologie-Integration: Zwischen Innovation und Tradition

Bei der zukünftigen Technologie-Integration im Einzelhandel zeigen sich ebenfalls deutliche Generationenunterschiede. Während innovative Ansätze wie App-basierte Rabatte und Angebote bei jungen Erwachsenen (44% bei 18-29 Jahren) auf großes Interesse stoßen, sinkt die Akzeptanz mit zunehmendem Alter drastisch auf nur 16% bei über 65-Jährigen.

Online-Bestellung mit Abholung im Geschäft wird von 40% der Generation Z geschätzt, aber nur von 23% der Senioren. Ähnlich verhält es sich mit personalisierten digitalen Angeboten, die bei jüngeren Konsumenten dreimal so beliebt sind wie bei älteren.

Interessant ist jedoch, dass auch ältere Generationen selektiv offen für bestimmte technologische Verbesserungen sind: Erweiterte Informationen zu Produkten über QR-Codes oder Apps finden bei allen Altersgruppen eine gewisse Akzeptanz, wobei die Unterschiede geringer ausfallen als bei anderen digitalen Services.

Ableitungen für zukunftssichere Immobilienstrategien

Die zunehmende Fragmentierung der Konsumentenwünsche, die sich in den regionalen, demografischen und formatbezogenen Unterschieden zeigt, erfordert von Immobilieninvestoren und Vermietern ein strategisches Umdenken. Pauschale Lösungen verlieren an Wirksamkeit; stattdessen müssen standort- und zielgruppenspezifische Ansätze entwickelt werden, die der Vielschichtigkeit der „NextGen Shoppers“ gerecht werden. Erfolgreiche Immobilienstrategien müssen die Diversität der Nachfrage in der Asset-Allokation und im Mietermix widerspiegeln.

Ein zentraler Werttreiber und wesentlicher Frequenzbringer ist dabei die konsequente Weiterentwicklung von reinen Einkaufsorten zu multifunktionalen Erlebniswelten. Die Untersuchung zeigt unmissverständlich, dass Gastronomie nicht länger ein optionales Beiwerk, sondern ein strategischer Kernbestandteil erfolgreicher Handelskonzepte ist. Besonders für die kaufkräftige Zukunft von morgen ist dies entscheidend: Für die Mehrheit der Generation Z dient Gastronomie bereits als zentraler sozialer Ankerpunkt des Einkaufserlebnisses. Gleichzeitig fordern die Millennials aktiv eine stärkere Integration von Food & Beverage-Angeboten. Für Investoren und Asset Manager bedeutet dies, dass die Investition in hochwertige und vielfältige Gastronomiekonzepte bei der Due Diligence und der Positionierung einer Immobilie eine Schlüsselrolle einnimmt. Sie steigert die Aufenthaltsdauer, zieht Zielgruppen an und rechtfertigt langfristig stabile Mieteinnahmen.

Parallel dazu erweisen sich Fachmarktzentren als unverzichtbarer Stabilitätsanker in einem volatilen Marktumfeld. Ihre Stärke liegt in der breiten Akzeptanz über fast alle Altersgruppen hinweg. Insbesondere die kaufkräftigen Generationen der Baby Boomer und Senioren schätzen die hier gebotene Kombination aus guter Erreichbarkeit, breiter Produktauswahl und vor allem persönlicher Beratung. Dies sichert eine robuste und verlässliche Nachfrage. Fachmarktzentren gelten daher zu Recht als defensiver und renditestarker Baustein in einem diversifizierten Handelsportfolio. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass auch dieses Format nicht statisch ist. Besonders in den urbanen Big-10-Märkten sind hybride Konzepte gefragt, die die klassischen Stärken mit modernen Dienstleistungen wie Click-and-Collect oder kleineren Erlebnis- und Gastronomieflächen kombinieren, um auch für jüngere, digital-affine Zielgruppen attraktiv zu bleiben.

Diese Entwicklung wird durch den Wandel in der Mobilität zusätzlich verstärkt. Die hohe Zustimmung zu autoarmen Innenstädten und die wachsende Bedeutung des ÖPNV, insbesondere bei jüngeren Generationen, stärken zentral gelegene, gut angebundene Lagen. Nachhaltigkeitsaspekte wie ESG-Konformität und durchdachte Mobilitätskonzepte sind daher nicht länger ein Bonus, sondern ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal. Sie beeinflussen die Standortwahl von Mietern, die Attraktivität für Konsumenten und letztlich die langfristige Werthaltigkeit einer Immobilie.

Für die Akteure am Markt bedeutet dies: Der Erfolg liegt in der intelligenten Orchestrierung. Es braucht eine flexible Portfoliostrategie, die den stabilen Cashflow von Fachmarktzentren mit dem Wertsteigerungspotenzial von erlebnisorientierten Innenstadtlagen und Shopping Centern kombiniert. Die Vermietung muss über starre Flächenkonzepte hinausdenken und Mietern die Flexibilität bieten, ihre Formate an die granulare, lokale Nachfrage anzupassen – sei es durch einen Flagship-Store mit Eventfokus in der City oder einen serviceorientierten Nahversorger am Stadtrand.