JLL Research hat im Rahmen einer Analyse den Büroflächenumsatz nach Herkunft der Mieter betrachtet.
Insight
Bedeutung internationaler Unternehmen für den deutschen Büromarkt
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Zentrale Ergebnisse
- Der Anteil internationaler Mieter am Bürovermietungsmarkt in den deutschen Big 7 liegt im langjährigen Mittel bei 29 %. Am stärksten vertreten sind Unternehmen aus den USA, Großbritannien und Frankreich
- Trotz wirtschaftlicher Schwankungen im Zeitverlauf weitgehend stabile Anteile internationaler Unternehmen
- Internationale Anmietungen weisen eine stärkere Branchenkonzentration auf im Vergleich zu jenen in Deutschland ansässiger Unternehmen
- Der Internationalitätsgrad in Düsseldorf und Frankfurt ist am höchsten, während in Stuttgart nur ein verhältnismäßig geringer Anteil nachzuweisen ist
- Internationale Unternehmen fokussieren sich stärker als deutsche Unternehmen auf die Toplagen in den deutschen Bürometropolen
- Relativ gesehen zahlen internationale Mieter überdurchschnittliche Mietpreise im Vergleich zu deutschen Mietern
- Deutsche Unternehmen dominieren zwar den Eigennutzermarkt, doch auch internationale Firmen tätigen beachtliche Investitionen in selbstgenutzte Büroflächen
Die Untersuchung von JLL betrachtet die Nachfrage internationaler Mieter am deutschen Büromarkt und den Zusammenhang zur wirtschaftlichen Entwicklung in der jeweiligen Zeit. Grundlage bilden Neuanmietungen und Eigennutzerabschlüsse im Bürosegment der letzten 25 Jahre in den sieben deutschen Immobilienhochburgen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln (ab 2011), München und Stuttgart (ab 2007)), mit einer Mindestfläche von 1.000 Quadratmetern.
Für die Analyse wurden Transaktionen der öffentlichen Verwaltung exkludiert und Datensätze mit unbekannten Herkunftsinformationen eliminiert. Die resultierende Datenbasis umfasst 13.110 Abschlüsse mit einer Gesamtfläche von rund 41,9 Millionen Quadratmetern im Zeitraum von 2000 bis 2024, wovon 3.678 Abschlüsse und insgesamt 11,9 Millionen Quadratmeter auf internationale Nutzer entfallen.
Die Mieter wurden in zwei Kategorien eingeteilt: "Deutschland" für Mieter deutscher Herkunft und "International" für Mieter mit Hauptsitz im Ausland, unabhängig von ihrer geschäftlichen Ausrichtung.
Entwicklung der internationalen Nachfrage am deutschen Büromarkt
Die Analyse der internationalen Präsenz auf dem deutschen Büromarkt in zeitlicher Perspektive zeigt, dass internationale Unternehmen bis 2007 einen stabilen und im Vergleich überdurchschnittlichen Anteil am gesamten Büroflächenumsatz hielten, wobei sie eine bemerkenswerte Resilienz gegenüber der "Dotcom-Blase" aufwiesen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise bildete jedoch einen Wendepunkt mit Rückgängen der Anteile internationaler Anmietungen, die auch in den darauffolgenden „Boom-Jahren“ am deutschen Büroflächenmarkt nur teilweise wieder aufgeholt werden konnten, sodass die früheren Spitzenwerte bislang nicht mehr erreicht wurden. Die Krisen ab Anfang der 2020er Jahre und dabei vor allem die Folgen der COVID-Pandemie, einhergehend mit den strukturellen Veränderungen der Arbeitswelt und einer insgesamt sinkenden Nachfrage, sorgten für einen neuerlichen Rückgang internationaler Aktivität am deutschen Büromarkt. Trotz anhaltender wirtschaftlicher Herausforderungen und weiterhin unterdurchschnittlicher Gesamtvolumina, konnten die internationalen Unternehmen ihre Anteile in den vergangenen Jahren wieder etwas erhöhen.
Langfristig hat sich der Anteil internationaler Aktivität am deutschen Büromarkt bei durchschnittlich 29% des Gesamtumsatzes eingependelt, was einem Volumen von rund 11,9 Millionen Quadratmetern entspricht. Dies verdeutlicht, dass die internationale Nachfrage, trotz des leichten Rückgangs der Anteile im Vergleich zu den frühen 2000er Jahren, einen wesentlichen Treiber des deutschen Büroimmobilienmarktes darstellt, was auch die anhaltende und nachhaltige Attraktivität des deutschen Marktes für ausländische Unternehmen unterstreicht - selbst in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen. Die fortschreitende Globalisierung und die daraus resultierenden internationalen Handelsverflechtungen sowie die Digitalisierung, gepaart mit der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland, haben dafür gesorgt, dass internationale Unternehmen weiterhin als zuverlässiger Akteur im Bürosegment in Deutschland auftreten.
EU-Staaten sind größte Nachfragegruppe, auf Staatenebene weisen US-Unternehmen eine beachtliche Präsenz auf
Die geografische Analyse der internationalen Nachfrage am deutschen Büroimmobilienmarkt zeigt eine klare Dominanz europäischer Staaten. Mit 57% stellen sie mehr als die Hälfte der ausländischen Mieter, wobei 46% aus EU-Staaten und 11% aus nicht-EU-Ländern stammen. Hierbei ist zu beachten, dass Großbritannien seit seinem EU-Austritt 2021 der letzteren Gruppe zugeordnet wird. Der amerikanische Kontinent, deutlich dominiert von den USA, stellt mit einem Drittel der Nachfrage die zweitwichtigste Region dar.
Dies spiegelt sich auch in der Rangliste der einzelnen Herkunftsländer wider: Die USA führen mit einem beeindruckenden Büroflächenumsatz in den deutschen Big7 von rund 3,8 Millionen Quadratmetern das Ranking an. Mit erheblichem Abstand folgen Großbritannien (2,1 Millionen Quadratmeter) und Frankreich (1,1 Millionen Quadratmeter).
Die Ergebnisse unterstreichen die bedeutende Rolle, die internationale Unternehmen, vor allem aus Europa und den USA, auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt spielen. Sie sind Beleg für die globale Attraktivität und Vernetzung des deutschen Marktes, insbesondere für europäische und angloamerikanische Firmen.
Internationale Nutzer zeigen starke Konzentration auf Dienstleistungen, Industrie und EDV
Die Branchenanalyse internationaler Nutzer am deutschen Büromarkt zeigt eine deutliche Schwerpunktbildung. Unternehmensbezogene Dienstleister, hierunter besonders Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Unternehmensberatungen, nehmen mit über einem Viertel des Büroflächenumsatzes internationaler Unternehmen eine führende Position ein. Gemeinsam mit den Sektoren Industrie und EDV, die stark von großen Technologieunternehmen geprägt sind, summieren sich diese drei Branchen mit 57% auf über die Hälfte des Gesamtumsatzes internationaler Unternehmen.
Im Vergleich zu deutschen Unternehmen zeigt sich bei internationalen Nutzern eine ausgeprägtere Branchenkonzentration. Während ausländische Firmen sich auf insgesamt weniger Sektoren fokussieren, weist die Nachfrage deutscher Unternehmen eine deutlich diversifiziertere und ausgewogenere Branchenstruktur auf.
Düsseldorf und Frankfurt sind besonders international geprägt
Mit Blick auf die deutschen Bürometropolen zeigen internationale Unternehmen hinsichtlich der Büroflächennachfrage deutliche Präferenzen: Düsseldorf und Frankfurt stehen an der Spitze der Beliebtheit bei ausländischen Unternehmen. München, Hamburg, Berlin und Köln bilden das Mittelfeld, während Stuttgart nur eine verhältnismäßig geringe internationale Nachfrage erfährt.
Bei der Standortwahl lassen sich länderspezifische Muster erkennen: US-Unternehmen favorisieren hauptsächlich München und Frankfurt, während britische Firmen eine starke Präferenz für Düsseldorf zeigen. Japanische und niederländische Unternehmen weisen ebenfalls eine hohe Affinität zu Düsseldorf auf. Französische und insbesondere Schweizer Mieter konzentrieren sich vorwiegend auf Frankfurt.
Die Wahl der Bürostandorte wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter branchenspezifische Anforderungen, historisch gewachsene Beziehungen und strategische Überlegungen. Insgesamt ist auffällig, dass sich die Nachfrage internationaler Unternehmen mit 31 % deutlich stärker auf die Top-Lagen in den Bürometropolen konzentriert, als dies bei deutschen Unternehmen mit 24 % der Fall ist.
Internationale Nutzer investieren bereitwilliger in hochpreisige Büroflächen
Internationale Unternehmen zahlen überdurchschnittlich hohe Mieten und dies nahezu durchgängig im gesamten Betrachtungszeitraum. Dies belegen die durchschnittlichen, relativen Abweichungen der gewichteten Durchschnittsmiete deutscher bzw. internationaler Unternehmen von der gewichteten Durchschnittsmiete im Gesamtmarkt.
Diese Bereitschaft, mehr zu investieren, spiegelt die Prioritäten ausländischer Mieter wider. Bei der Wahl eines Standorts in Deutschland legen sie besonderen Wert auf hochwertige Flächen und prestigeträchtige Lagen, was sich insgesamt in höheren Durchschnittsmieten niederschlägt.
Diese Beobachtungen unterstreichen die Strategie vieler internationaler Unternehmen, bei ihrem Markteintritt oder ihrer Präsenz in Deutschland auf erstklassige Immobilien in Top-Lagen in den Metropolen zu setzen, selbst wenn dies mit höheren Kosten verbunden ist. In den vergangenen fünf Jahren wurden allein 17 Mietverträge internationaler Unternehmen mit einem Mietpreis von über 50 €/m²/Monat registriert, vorrangig in Frankfurt (9) und München (6).
Insgesamt ist der größte Anteil des Umsatzvolumens auf klassische Büroflächenanmietungen zurückzuführen, jeder 11. Quadratmeter wird jedoch in für den Eigenbedarf gekauften oder errichteten Flächen umgesetzt. Wenngleich deutsche Unternehmen hier den größten Anteil ausmachen, entfällt mit immerhin 14 % ein beachtlicher Anteil der Eigennutzer-Deals auch auf internationale Unternehmen. Die jüngst größten Deals sind u.a. die Baustarts „Arnulfpost“ in München für Google oder „BORX“ in Hamburg für die STRABAG.
Wohin tendiert die künftige Nachfrage internationaler Unternehmen am deutschen Büroflächenmarkt?
Die Untersuchung zeigt, dass internationale Unternehmen eine bedeutende Rolle auf dem deutschen Büromarkt gespielt haben und immer noch spielen. Trotz wirtschaftlicher Schwankungen bleibt die internationale Nachfrage weitgehend stabil, was die Attraktivität des deutschen Büromarktes für ausländische Unternehmen unterstreicht. Es ist zu erwarten, dass dieser Trend auch in Zukunft anhalten wird, da Deutschland weiterhin als wirtschaftlich starker und politisch stabiler Standort in Europa gilt. Eine physische Präsenz von internationalen Unternehmen in Deutschland wird auch in Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung wichtig sein, z.B. mit Blick auf die Einhaltung landesspezifischer Regularien sowie allgemein zur Sicherstellung des Marktzugangs und der Wettbewerbsfähigkeit. Besonders künftige Neuausrichtungen und Vertiefungen bereits bestehender Handelspartnerschaften können allerdings zu einer heterogeneren Staatenstruktur am deutschen Büromarkt führen. Faktoren, wie der zunehmende Trend zum hybriden Arbeiten und potenzielle geopolitische Unsicherheiten, wie z.B. die Zollpolitik der USA, können die Nachfragedynamik beeinflussen und zu einer Anpassung der Unternehmensstrategien internationaler Akteure führen.