Hat es zu viele ungenutzte Büroflächen?
Raum für über 65'000 Arbeitsplätze
Per Ende 2024 wurden in den fünf grössten Büromärkten der Schweiz – Zürich, Genf, Bern, Basel und Lausanne (CH5) – fast 1 Mio. qm verfügbare Büroflächen gezählt, die Raum für über 65'000 zusätzliche Arbeitsplätze bieten dürften.
Sind diese (scheinbaren) Überkapazitäten entstanden, weil der Bürobedarf aufgrund von Homeoffice gesunken ist? Zweifellos haben sich die Anforderungen an Arbeitsflächen in den letzten fünf Jahren gewandelt und auch Spuren im Markt hinterlassen. Allerdings reichen diese veränderten Bedürfnisse nicht aus, um die Entwicklungen auf dem Schweizer Büromarkt zu erklären.
Bautätigkeiten als Haupttreiber der Leerstandszunahme
Seit Ende 2019 erhöhte sich das Angebot an verfügbaren Büroflächen in den fünf grössten Marktregionen um 230'000 qm, die Angebotsquote stieg entsprechend von 4,1% auf 5,0%. Allerdings kamen im selben Zeitraum 1,16 Mio. qm neue Büroflächen auf den Markt.
Obwohl die Mehrheit der neu erstellten Arbeitsflächen absorbiert wurde, dürfte die hohe Bautätigkeit der jüngeren Vergangenheit einen starken Einfluss auf die gemessene Leerstandszunahme gehabt haben.
Ob die Schweizer Büroleerstände sowie deren Zunahme in den letzten Jahren als «hoch» beurteilt werden können, hängt von der Perspektive ab. In der grössten Nutzungskategorie des Immobiliensektors («Wohnen») verringerte sich die Leerstandsziffer zwischen 2019 und 2024 von 1,66% auf 1,08% (Anmerkung: Im Jahr 2020 wurde ein zwischenzeitlicher Höchststand von 1,72% erreicht) und liegt damit deutlich unter dem Niveau im Büromarkt.
Vergleicht man die Büroleerstände von Schweizer Städten mit denjenigen ausländischer Märkte, fallen die Leerstände hingegen relativ moderat aus. In Frankfurt, London oder Paris lagen die Quoten am Jahresanfang zwischen 8,9% und 10,6%. Viele US-Städte weisen gar deutlich höhere Büroleerstände auf (z. B. New York 14,6%, Los Angeles 29,8%, San Francisco 34,3%). Solch hohe Werte findet man in der Schweiz nur in einzelnen Teilmärkten – gemäss aktuellsten Erhebungen in Opfikon/Glattbrugg (33,2%), in Lausanne West/Crissier (15,0%), in Wallisellen (13,8%), in der Flughafenregion Genf (13,4%) und der Innenstadt Basel (9,2%) – nicht aber für ganze Marktregionen. In diesen Gebieten ist die Vermietung von Flächen anspruchsvoll und die Mietpreise stehen unter Druck.
Geringe Büroleerstände in den Innenstädten
Umgekehrt sind neuwertige und gut gelegene Büroflächen vielerorts ein knappes Gut. In den als Arbeitsstandorten gefragten Stadtzürcher Kreisen 1, 4, 5 und 8 stehen weniger als 3% der Büros leer. In den Innenstädten von Bern und Lausanne liegen die Angebotsquoten (0,4% bzw. 1,5%) sehr tief, ebenso in den Städten Lugano (2,1%), Luzern (1,3%) und Zug (0,9%). Für flächensuchende Unternehmen bedeutet dies, dass in den begehrten Teilmärkten eine gewisse Kompromissbereitschaft erforderlich ist, weil moderne, zusammenhängende und bestenfalls noch nachhaltigkeitskonforme Büroflächen an zentraler Lage nicht in beliebiger Grössenordnung verfügbar sind. Und falls doch, ist der Preis für diese Produkte zwischen 2019 und 2024 in den meisten Marktregionen gestiegen. Die Verfügbarkeit von Flächen und der Trend bei Mietpreisen präsentiert sich im Schweizer Büromarkt je nach Region und Teilmarkt unterschiedlich.
Insgesamt geringere Neubauproduktion
Ausserhalb von einzelnen Teilmärkten mit erhöhten Leerständen könnten Schweizer Büroimmobilien eine bessere Zukunft bevorstehen als erwartet. Auch wenn die wirtschaftlichen Prognosen mit hohen Unsicherheiten behaftet sind, ist der konjunkturelle Ausblick für die Schweiz insgesamt solide. In den letzten fünf Jahren erhöhte sich die Anzahl Beschäftigter (Vollzeitäquivalente) um durchschnittlich rund 61'000 pro Jahr. Natürlich gehen dabei längst nicht alle einem Büroberuf nach. Dennoch relativiert sich unter dieser Perspektive der vorherrschende Leerstand. Gemäss Prognosen von BAK Economics und der KOF Konjunkturforschungsstelle wird das Beschäftigtenwachstum dieses und nächstes Jahr zwar unterdurchschnittlich ausfallen, aber immer noch positiv bleiben.
Nicht nur das Wirtschafts- und Beschäftigtenwachstum wird die Büronachfrage stützen, sondern auch die tendenziell ändernde Erwartungshaltung vieler Firmen, dass ein wesentlicher Teil der Arbeitsleistung (wieder) in den Büros erbracht werden soll. Hinzu kommt, dass das Flächenwachstum in den kommenden Jahren in vielen Regionen geringer ausfällt. In ihrem Konjunkturbericht vom Sommer 2025 geht die KOF Konjunkturforschungsstelle bei Hochbauten für wirtschaftliche Zwecke (Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen) von einer schwachen Entwicklung aus, weil geopolitische und weltwirtschaftliche Ereignisse die Investitionsbereitschaft dämpfen.
Erhebungen von JLL zeigen ein ähnliches Bild: Während in den fünf grössten Büromärkten zwischen 2019 und 2024 durchschnittlich 275'000 qm Büroflächen neu erstellt wurden, verringert sich die Produktion 2025 bis 2027 auf jährlich 204'000 qm. Zu beachten sind einmal mehr die regionalen Unterschiede: Genf und Lausanne blicken auf eine überdurchschnittliche Bautätigkeit zurück, die sich auch inden kommenden drei Jahren fortsetzen wird. In Basel und insbesondere Zürich wird die Neubauproduktion hingegen spürbar tiefer ausfallen. Unter diesen Vorzeichen wären geringere Büroleerstände in bestimmten Marktgebieten in den kommenden Quartalen keine Überraschung. Langfristig könnte aber nicht nur die Bautätigkeit wieder Schwung aufnehmen, sondern auch demografische Entwicklungen die Büronachfrage beeinflussen. Bereits mittelfristig könnten Anwendungen von künstlicher Intelligenz die Arbeitslandschaft verändern. Das WorldEconomic Forum wagte die Prognose, dass künstliche Intelligenz 92 Mio. Jobs vernichtet, aber umgekehrt 170 Mio. neue schafft. Die künftige Entwicklung des Büromarktes wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und es ist damit zu rechnen, dass weiterhin regionale Unterschiede auftreten.