Certification and Sustainability Radar
Der Immobiliensektor ist für rund 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und 50 Prozent des Verbrauchs natürlicher Ressourcen verantwortlich. Angesichts dessen ist unter anderem eine Kreislaufwirtschaft, die auf Langlebigkeit und Wiederverwertbarkeit von Materialien setzt, mehr denn je gefragt.
Die Europäische Kommission hat 2020 den „Circular Economy Action Plan" (CEAP) als strategischen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet. Dieser zielt primär auf die Verlängerung von Produktlebenszyklen und die effiziente Wiederverwertung von Materialien ab. Bezogen auf den Immobiliensektor fungieren etablierte Nachhaltigkeitszertifizierungen wie DGNB, LEED und BREEAM als wichtige Instrumente zur Förderung der kreislaufwirtschaftlichen Transformation im Immobiliensektor und unterstützen damit den Übergang zu nachhaltigeren Baupraktiken.
Im CESAR analysieren wir in diesem Zusammenhang die Green Buildings in den Büroimmobilienmärkten der sieben wichtigen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Der Begriff „Zertifizierung“ oder „zertifiziert“ bezieht sich in unserer Analyse immer auf zertifizierte, vorzertifizierte und zur Zertifizierung registrierte Objekte. Untersucht wurde der Büroflächenbestand sowie die Flächennachfrage in den großen Immobilienhochburgen, allerdings keine in Bau oder in der Planung befindlichen Projektentwicklungen. Berücksichtigt wurden alle in Deutschland gängigen Zertifikate DGNB, LEED und BREEAM.
Die deutsche Wirtschaft ist mit komplexen Herausforderungen konfrontiert, die durch geopolitische Krisen und eine grundlegende Neuordnung der globalen Macht- und Wirtschaftsstrukturen entstehen. Diese Entwicklungen gepaart mit der wirtschaftlichen Schwächephase führen zu erheblichen Unsicherheiten. Parallel verändert sich das Arbeitsleben unter anderem aufgrund technologischen Fortschritts und flexiblen Arbeitsmodellen, was sich in der Flächennachfrage widerspiegelt. So stehen statt Expansionen eher Konsolidierungen und Verkleinerungen auf der Agenda. Vor Neuanmietungen werden Büros gründlich geprüft – für Kompromisse gibt es wenig Spielraum. Oft bleibt vorerst nur der Verbleib in der bisherigen Fläche, bis sich die optimale Gelegenheit bietet. Zudem achten Nutzer verstärkt auf die Qualität ihrer Bürofläche und Nachhaltigkeitsthemen beeinflussen das Agieren von Unternehmen. Das deutliche Wachstum der Anzahl der Unternehmen, die sich weltweit der Science Based Targets Initiative (SBTi) angeschlossen haben, belegen dies.
Big 7-Städte: Zertifizierte Büroflächen erreichen 16,6 Millionen Quadratmeter
In den Big 7-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart beträgt der gesamte Büroflächenbestand zum 30. Juni 2025 rund 99,5 Millionen m² - hiervon weisen 17 % (16,6 Millionen m²) eine Zertifizierung auf, besitzen ein Vorzertifikat oder sind zur Zertifizierung registriert. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist der zertifizierte Flächenbestand um 21 %, entsprechend 2,91 Millionen m² gestiegen. Diese Steigerung erklärt sich durch Zertifizierungen von Bestandsgebäuden, Neuanmeldungen, nachträglich bekannt gewordenen Zertifizierungen sowie Büroflächenfertigstellungen. In den sieben Immobilienhochburgen besitzt nunmehr fast jeder sechste Quadratmeter ein Zertifikat.
Der Zuwachs konnte maßgeblich auf Bestandsimmobilien zurückgeführt werden. Einige von ihnen erhielten dabei eine Auszeichnung nach dem DGNB-System „Gebäude im Betrieb". So wurden zum Beispiel das Quartier am Potsdamer Platz (Baujahr 1997) in Berlin, das Access in Düsseldorf (Baujahr 2015) sowie das Bürogebäude Prisma in Frankfurt (Baujahr 2001, Revitalisierung 2025) entsprechend zertifiziert, wobei das Prisma zusätzlich eine BREEAM-Zertifizierung erhalten hat.
Zudem wurden in den vergangenen zwölf Monaten in den Big 7 unter anderem folgende Bürogebäude mit Zertifikat fertig gestellt:
- Four T1 in Frankfurt/Bankenlage: DGNB, Platinum
- PANDA (PANDION soul) in München/Osten: DGNB, Gold
- Dockyard Waterfront Offices in Berlin/Mediaspree: LEED, Platin
- One Plaza in Düsseldorf/Kennedydamm: LEED, Gold
- Überseequartier (The Yard, Luv und Lee) in Hamburg/HafenCity: BREEAM Pass; DGNB Gold
Frankfurt weist unter den sieben Märkten gegenwärtig mit 30 % (3,52 Millionen m²) den höchsten Anteil an zertifizierter Fläche am Gesamtbestand auf. Ausgehend von einem traditionell hohen Niveau liegt mit 46 % die geringste Zuwachsrate seit 2019 vor, während sich der Zertifizierungsmarkt in München, Berlin, Köln, Düsseldorf und Hamburg im selben Zeitraum mit dreistelligen Wachstumsraten deutlich dynamischer entwickelte.
Zertifizierte Bürogebäude tragen substanziell zum Gesamtumsatz bei, mit Frankfurt und München als führenden Märkten in puncto Nachhaltigkeitszertifizierung
Der Büroflächenumsatz in den Big 7-Märkten erreicht im ersten Halbjahr 2025 insgesamt 1,4 Millionen m² - wovon etwa jeder 2 ½. Quadratmeter, rund 564.000 m² in Gebäuden mit einer Zertifizierung abgeschlossen wurde. Hiervon wiederum entfallen mit 203.000 m² mehr als ein Drittel auf Vorvermietungen, d.h. in projektierten Gebäuden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses noch nicht in den Bestand eingeflossen sind. Dies unterstreicht die starke Nachfrage nach hochwertigen Neubauflächen.
Unter den sieben Märkten hält Frankfurt mit einem Umsatzvolumen von 223.200 m² und einem Anteil von nahezu zwei Drittel in zertifizierten Gebäuden die Führung. Die Commerzbank AG tätigte mit 73.000 m² im LEED Platinum zertifizierten Bürogebäude Central Business Tower in der Bankenlage den mit Abstand größten Vertragsabschluss. Den Anteilen nach zeigen sich auch die Märkte Köln mit 48 % (51.500 m²) und München mit 44 % (114.700 m²) im ersten Halbjahr 2025 nachfragestark. Den niedrigsten Umsatz in zertifizierten Gebäuden unter den sieben Märkten verzeichnet Stuttgart mit 10 %-Anteil und 10.600 m².
Die nächstgrößten Verträge, nach dem bereits genannten Mietvertragsabschluss der Commerzbank, wurden von der Siemens AG mit 33.000 m² im DGNB Gold zertifizierten Pandion beat in München und von KPMG AG mit 20.700 m² im BREEAM Excellent zertifizierten Park Tower in Frankfurt unterzeichnet.
Die Relevanz einer Zertifizierung steigt mit der Lagenqualität
In den Top-Lagen der Big 7-Märkte wurden insgesamt 481.000 m² Bürofläche umgesetzt, wovon mit 250.000 m² über die Hälfte des Gesamtvolumens eine Zertifizierung aufweist. In den Zweitlagen wurden mit knapp 692.000 m² aufgrund der Größe der hierzu zählenden Teilmärkte zwar höhere Volumina registriert, der Anteil der zertifizierten Objekte liegt aber mit 39 % um dreizehn Prozentpunkte niedriger als in den Top-Lagen. In Drittlagen haben Zertifizierungen für die Nutzer die geringste Relevanz.
Nachhaltigkeitsstrategie im Immobilienbereich: Finanzsektor mietet bevorzugt zertifizierte Flächen
Während Banken eine Vorreiterrolle bei ESG-Zielen einnehmen, und diese entsprechend in ihre Unternehmenswerte und -strategien verankert haben und auch verstärkt mit nachhaltigen Finanzprodukten werben, beschränkt sich dieser Trend keineswegs nur auf diesen Sektor. Vielmehr haben sich zahlreiche weitere Branchen zu ambitionierten ESG-Verpflichtungen bekannt.
Bezogen auf das Anmietungsverhalten der vergangenen sechs Monate konnten 122.500 m², entsprechend 70 % ihres Gesamtumsatzes, auf Banken und Finanzdienstleister zurückgeführt werden. Somit führen sie die Branchenstatistik seitens der Nachfrage nach zertifizierten Flächen an. Auch Unternehmen aus Transport, Verkehr und Lagerwesen setzen einen deutlichen Fokus auf Büroflächen in nachhaltigen Gebäuden, ihr eigener Anteil liegt bei 60 %.
Einheimische Nutzer treiben Nachfrage nach nachhaltigen Büroflächen
Bei Transaktionen über 1.000 m² zeigt die Analyse der Herkunftsländer der Nutzer, dass inländische Unternehmen den Büroimmobilienmarkt dominieren. Insgesamt liegt der Büroflächenumsatz im ersten Halbjahr 2025 in diesem Größensegment bei 905.000 m², wovon mit 447.000 m² nahezu die Hälfte auf zertifizierte Gebäude zurückzuführen ist. Der größte Anteil hiervon entfällt mit 77 % auf Unternehmen, deren Hauptsitz sich in Deutschland befindet, weitere 17 % stammen aus dem Ausland.
Bezogen auf die jeweilig generierten Büroflächenumsätze liegen die Anteile der Anmietungen sowohl von inländischen als auch von ausländischen Nutzern in zertifizierten Gebäuden bei 50 %. Dies weist auf die hohe Priorität von Nachhaltigkeitskriterien für inländische und ausländische Unternehmen gleichermaßen hin.
Insbesondere größere Unternehmen haben eigene Nachhaltigkeitsziele formuliert und bringen dies auch durch ihr Anmietungsverhalten zum Ausdruck. Dies belegt der Zertifizierungsanteil von 60 % am Büroflächenumsatz in der Größenordnung von über 5.000 m².
Hohe Nachfrage nach zertifizierten Flächen trifft auf knappes Angebot
Der Trend zu nachhaltigen und energieeffizienten Immobilien im Bürosektor sowie die Nachfrage nach Flächen in den begehrten Top-Lagen werden durch die Entwicklungen in den Immobilienhochburgen unterstrichen. Für Mieter und Investoren spielen Zertifizierungen eine wichtige Rolle und werden immer stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen. Insbesondere gilt dies für jene Akteure, die verstärkt Wert auf umweltfreundliche, energieeffiziente und gesunde Arbeitsumgebungen legen bzw. sich an CSR-Standards halten. Das aktuelle Angebot wird von der hohen Nachfrage nach zertifizierten Büroflächen deutlich übertroffen. Um die steigende Nachfrage zu decken, sind daher sowohl im Bestand als auch in projektierten Gebäuden verstärkt Investitionen in Kombination mit Zertifizierungen erforderlich.
Kontakte
Project & Development Services:
Daniel Bey, Head of Project & Development Services and Tetris Germany
Sustainability Consulting & Energy & Sustainability Solutions
Hendrik Wetzke, Team Leader Energy & Sustainability Solutions
Alexander Rausch, Director Sustainability Consulting
Research:
Helge Scheunemann, Head of Research Germany
Jessica Wöhrle, Associate Research
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